Crescende geht weiter

Die Mittelbayerische Zeitung im Gespräch mit Christa Weiß

Als stellvertretende Vorsitzende des Vereins für Körper- und Mehrfachbehinderte e. V. Regensburg hat Christa Weiß das Projekt „Crescende – wachse!“ verantwortlich organisiert. Die MZ fragte Christa Weiß, was das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen gebracht hat, was bleibt.

Warum hat sich der Verein mit dieser Aktion am Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen beteiligt?

"Unser Verein engagiert sich für behinderte Menschen. Mit der Reittherapie trägt der Verein seit vielen Jahren durch das Medium Pferd zu mehr Lebensqualität dieser Menschen bei. Mit einer kleinen Aktion wollten wir neue Akzente setzen, damit dieses europäische Jahr auch in unserer Region die Anliegen behinderter Menschen mehr ins Blickfeld und ins Bewusstsein ruft. Wir wollten Aktionen eines kreativen und fruchtbaren Miteinanders anstoßen, damit etwas zu wachsen beginnt."

Warum gerade mit einem Künstlerprojekt?

"Ebenso wie das Pferd ist die Kunst geeignet, gesunde und behinderte Menschen anzusprechen. Wie es unter gesunden Menschen gute und weniger gute Reiter gibt, so gibt es unter gesunden wie behinderten Menschen künstlerische Begabungen. Das Medium Pferd ist wie das Medium Kunst also bestens geeignet, behinderte und gesunde Menschen in gleicher Weise anzusprechen. Und besonders deutlich kommt dadurch der integrative Aspekt zum Tragen. Unsicherheiten und Barrieren lassen sich am leichtesten durch gemeinsames Tun und Erleben abbauen."

Das Projekt Crescende hat ja große Resonanz erfahren. Wie ist das gelungen?

"Damit hat sich gezeigt, dass wir mit diesem Projekt die Bedürfnisse der behinderten Menschen ebenso getroffen haben wie die Interessen der für behinderte Menschen Verantwortlichen. Offensichtlich sind wir in eine Lücke gestoßen. Behinderte haben ein Bedürfnis nach kreativem Gestalten, Spaß in der Freizeit , sie wollen auch gefordert sein und ihre Grenzen erleben. Behinderteneinrichtungen zeigen große Bereitschaft zum Mitmachen, wenn Aktionen angeboten werden, die den üblichen Rahmen sprengen, etwas Neues, etwas Interessantes, etwas Anderes, etwas Besonderes ermöglichen, das zum aktiven Mitmachen herausfordert. Und Künstler sind Menschen, die neue Wege wagen und auch zu Abenteuern bereit sind. Nur wer etwas wagt, kann auch gewinnen."

War das Projekt ein Wagnis?

"Ja, in vielerlei Hinsicht. Wir hatten nie mit einer so großen Resonanz gerechnet. Und unser Verein hatte größte Mühe, die umfassende Organisation ehrenamtlich zu bewältigen. Bei der großen Teilnehmerzahl summierten sich natürlich auch die Kosten. Große Spendenbereitschaft hat hier geholfen. Wir hoffen, dass Aktion Mensch die bestehende große Lücke schließen hilft."

Hat sich der Aufwand gelohnt?

"Ja, auf jeden Fall. 150 beteiligte Behinderte, hunderte von Angehörigen und durch die große Resonanz in den Medien weit darüber hinaus viele Menschen konnten kaum fassen, was behinderte Menschen zustande bringen können. Behinderte haben Anerkennung erfahren. Viele gesunde Menschen kamen erstmals mit der Thematik Behinderung in Kontakt und konnten über die vielfältigen kreativen Ergebnisse nur staunen. Und am meisten freut uns, dass mehrere beteiligte Künstler nach der Erfahrung in diesem Projekt regelmäßig mit behinderten Menschen weiterarbeiten möchten. Und viele Behinderte sind schon ganz heiß darauf."

Danke für das Gespräch

Und danke der Mittelbayerischen Zeitung für die Veröffentlichung am 14. Januar 2002!

 

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